Begründung
Zu 1.: Um valide Aussagen über die Studierfähigkeit der Abiturienten treffen zu können, ist eine regelmäßige Evaluation durch wissenschaftliche Institutionen nötig. Es bietet sich an, diese Überprüfung durch das IQB ausführen zu lassen, da ein ähnlicher Auftrag bereits in der Sekundarstufe 1 und im Primarbereich existiert. Damit erhalten die Kultusministerien der Länder eine konkrete Einschätzung der Leistungen ihrer Abiturienten, die über die nur bedingt vergleichbaren Abiturnoten hinausgehen. Dementsprechend können Maßnahmen zur Verbesserung der Studierfähigkeit evaluiert werden. Gleichfalls erzeugt der direkte Ländervergleich Konkurrenz in den Bemühungen die Leistungsqualität der Abiturienten zu steigern.
Zu 2.: Die Studierfähigkeit der Abiturienten spielt in den einheitlichen Prüfungsanforderungen und den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz zurzeit eine untergeordnete Rolle. In Hinblick auf die Sekundarstufe 2 sollte diese nach Ansicht des RCDS allerdings im Mittelpunkt der allgemeinen Hochschulreife stehen. Deshalb sollten Vertreter der Hochschullehre in einen Überarbeitungsprozess dieser Standards einbezogen werden, der den fachspezifischen Kanon und die notwendigen Kompetenzen konkretisiert.
Zu 3.: Die bisherige Praxis der Lehrplanentwicklung ist unzureichend, um die Qualität der allgemeinen Hochschulreife zu garantieren. Derzeit werden hauptsächlich Lehrer und in seltenen Fällen auch Fachdidaktiker der Universitäten mit der Entwicklung der Lehrpläne beauftragt. Dieser Umstand hat begünstigt, dass sich die Ansprüche der Oberstufenlehrpläne von den akademischen Mindestanforderungen an Erstsemesterstudenten weit entfernt haben. Durch die Einbindung von Professoren und Dozenten soll diese Lücke wieder geschlossen werden. Dazu müssen sämtliche Lehrpläne langfristig überarbeitet werden.
Zu 4.: Das Ziel der allgemeinen Hochschulreife ist die Befähigung zu einem Hochschulstudium. Dementsprechend sollte diese Befähigung zentrales Element der gymnasialen Oberstufe sein. Gleiches gilt konsequenterweise auch für Evaluation und Lehrplanentwicklung im Bildungswesen.
Zu 5.: Spätestens mit Beginn des Studiums wird kaum noch Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten genommen. Stattdessen muss der Alltag im Gegensatz zur gymnasialen Oberstufe in Eigenverantwortung organisiert werden. Zusätzlich entscheiden ausschließlich die fachspezifischen Leistungen der Studenten über das Bestehen von Modulen. Sozialkompetenz, Fleiß oder Bemühen sind in diesem Prozess nicht mehr von Bedeutung. Stattdessen herrscht ein akademischer Leistungsdruck zur Sicherstellung der Forschungsqualität unserer Hochschulabsolventen. Demgegenüber ist in der Qualifikationsphase des Abiturs zu beobachten, dass fachspezifische Leistungen zunehmend an Relevanz verlieren. Dadurch treffen Abiturienten völlig unvorbereitet auf den akademischen Leistungsdruck und müssen teilweise ihr Studium erfolglos beenden. Deshalb sollte nach Auffassung des RCDS der Leistungsgedanke in den Mittelpunkt der gymnasialen Oberstufe rücken, um die zukünftigen Studenten besser auf ihr Studium vorzubereiten.