Rollstuhl

Studium ohne Behinderungen

Unsere Positionen zum Hochschulfreiheitsgesetz

Zu Beginn des kommenden Jahres soll das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz (SächsHSFG) reformiert werden. Das SächsHSFG ist die wichtigste gesetzliche Grundlage für die Hochschulen im Freistaat und regelt damit auch unzählige studentische Belange. In den kommenden Monaten stellen werden an dieser Stelle die Positionen des RCDS Sachsen zum neuen Gesetz präsentiert. Den Anfang macht das Thema Inklusion. Was ist uns wichtig im Umgang mit Behinderten? Wie können wir das Studium möglichst barrierefrei gestalten? Und wo muss zusätzlich angepackt werden, damit auch Kommilitonen mit körperlichen Einschränkungen ihr volles Potential entfalten können?

Zur Inklusion an Sachsens Hochschulen

Leistungsbereit, intelligent und trotzdem eingeschränkt: Wer körperlich behindert ist, kann nicht nur im normalen Alltag, sondern auch im Studium mit vielfältigen Problemen konfrontiert sein. Einer Vorlesung folgen, ohne den Professor hören zu können? Den richtigen Seminarraum finden, ohne die Türschilder zu erkennen? Trotz hoher Bordsteine und unebener Wege mit einem Rollstuhl auf dem Campus unterwegs sein? Die Liste möglicher Probleme ist lang. Allen gemeinsam ist, dass die Betroffenen spürbare Nachteile in ihrem Studienalltag hinnehmen müssen. Im RCDS Sachsen sind wir uns einig: Der Studienerfolg darf niemals davon abhängen, ob körperliche Behinderungen vorliegen oder nicht. Das neue Hochschulfreiheitsgesetz muss zeitgemäße Impulse für eine verbesserte Inklusion setzen.

Unsere Forderungen zum neuen Gesetz

Nach § 5 Abs. 12 SächsHSFG tragen sächsische Hochschulen schon jetzt dafür Sorge, dass „Studenten mit Behinderung oder chronischer Krankheit in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können“.

Aus unserer Sicht ist dieser Passus ein Schritt in die richtige Richtung, aber leider noch viel zu unkonkret. Wir wünschen uns deshalb, dass folgende drei Punkte explizit in das Gesetz aufgenommen werden:

  1. Hochschulen sind verpflichtet, Lehrangebote und Prüfungen für Studenten mit Behinderung oder chronischer Krankheit auf Antrag in für sie geeigneter Form durchzuführen. Wenn keine adäquate Alternative für praktische Prüfungsformate existiert, soll stattdessen eine theoretische Prüfung mit vergleichbarem Vorbereitungsaufwand und Schwierigkeitsgrad angeboten werden.
  2. Alle Antragsformulare der Hochschulen für Studenten, Promovenden und Mitarbeiter sollen in barrierefreier Form zur Verfügung gestellt werden. Selbiges gilt für die Korrespondenz von Studenten mit ihrer Hochschule.
  3. Hochschulen sollen das Ziel verfolgen, ihre komplette Infrastruktur an den Erfordernissen gehbehinderter, blinder und hörgeschädigter Menschen anzupassen.

Darüber hinaus wünschen wir uns, dass das Aufgabensprektrum der Gleichstellungsbeauftragten zukünftig konkretisiert wird. In § 55 Abs. 2 SächsHSFG soll deshalb explizit festgelegt werden, dass auch die Belange von chronisch kranken oder behinderten Studenten und Mitarbeitern durch die Gleichstellungsbeauftragten zu vertreten sind.

Unsere Forderungen zur konkreten Umsetzung

Auch wenn die Rahmenbedingungen der Inklusion durch das SächsHSFG abgesteckt werden können, obliegt die konkrete Umsetzung immer den Hochschulen vor Ort. Als RCDS Sachsen appellieren wir deshalb an alle Verantwortlichen, sich von Zeit zu Zeit in die Rolle behinderter Studenten hineinzuversetzen und das Ziel zu verfolgen, ALLE Potentiale in der Studentenschaft voll auszuschöpfen. Wir wünschen uns, dass im Jahr 2030 die Barrierefreiheit ein grundlegender Standard im Studium an sächsischen Hochschulen ist. Für uns bedeutet das:

  1. Zu jeder Vorlesung gehört ein Videomitschnitt, der auf Wunsch für hörgeschädigte Studenten in Gebärdensprache übersetzt wird.
  2. Es gibt keine Skripte und Unterrichtsmaterialien mehr, die nicht auch als Audioversion verfügbar sind.
  3. Aufzüge, abgesenkte Bordsteine und ebene Fußwege sind auf dem Campus ebenso selbstverständlich wie Blindenschrift auf allen Hinweisschildern, automatisch öffnende Gebäudetüren und eine flächendeckende Ausstattung mit behindertengerechten Toiletten.
  4. Alle Websites und Anträge der Universitäten stehen barrierefrei zur Verfügung.
  5. Seminare und Vorlesungen werden prinzipiell als Hybridveranstaltungen durchgeführt: Wer nicht physisch anwesend sein kann, kann per Videokonferenz dennoch teilnehmen.
  6. Professoren und behinderte Studenten arbeiten eng zusammen, um gemeinsame Ideen für alternative Prüfungskonzepte zu entwickeln. Körperliche Einschränkungen sollen kein Hindernis mehr sein, um einen Hochschulabschluss zu erlangen.