Streit ums MOBIbike - wie geht es weiter?

Zur Sachlage

Nachdem sich das Plenum des Studentenrates (StuRa) der TU Dresden für einen Ausstieg aus dem MOBIbike-Tarif für Studenten entschieden hat, entbrennt ein Streit um die Richtigkeit dieser Entscheidung. Neben einer Petition, die gegen das Votum protestiert, gibt es auch Stimmen, die die Argumentation des StuRa nachvollziehen können.

Hintergrund der Abstimmung ist, dass im vergangenen Sommer ein Anbieterwechsel beim größten Bikesharing-Angebot in Dresden erfolgte. Der alte Vertrag der DDV-Mediengruppe mit dem europaweit tätigen Fahrraddienstleister Nextbike lief aus und beendete das Leihangebot mit den blauen „SZ-Bikes“. Um auch weiterhin Leihfahrräder in Dresden anbieten zu können, entschied sich die DVB AG (Dresdner Verkehrsbetriebe AG) zu einer neuen Ausschreibung. Nextbike ging als Sieger aus der Ausschreibung hervor und betreibt seitdem in Kooperation mit der DVB das MOBIbike, was im Gegensatz zu den alten SZ-Bikes mit sieben statt drei Gängen und einem deutlich verbessertem Zustand der Räder aufwarten kann. Daneben gibt es vergrößerte Flex-Zonen, in denen man sein Rad auf offener Straße abstellen kann und eine generell größere Anzahl an verfügbaren Rädern (ca. 1000 Stück im gesamten Stadtgebiet).

Der StuRa hatte bisher einen direkten Vertrag mit Nextbike und garantierte dadurch allen TU-Studenten einen Zugang zum Dresdner Bikesharing-Angebot von SZ-Bike. Mit dem Betreiberwechsel musste ein neuer Vertrag geschlossen werden, allerdings hätte jetzt die DVB als Vertragspartner fungiert. In den Verhandlungen kristallisierte sich heraus, dass sich der Preis pro Student und Semester von ehemals 2,40 € auf 4-5 € erhöhen würde, die Anzahl der Freiminuten wäre von 60 auf 30 Minuten reduziert worden. Im Plenum kamen in einer geheimen Briefwahl nur 21 Ja-Stimmen von insgesamt 30 abgegebenen Stimmen zusammen, damit wurde die erforderliche 2/3-Mehrheit von 25 Stimmen (bei einer Gesamtgröße des Plenums von 37 Mitgliedern) verfehlt. Ab dem Sommersemester 2021 gibt es nun kein Bikesharing-Angebot im Semesterticket mehr; allerdings können Studenten die Fahrräder auch weiterhin direkt über MOBIbike nutzen (dann aber zum normalen Tarif).

Eine Diskussion zur Streitfrage

Über den Streit um das MOBIbike diskutieren die beiden Mitglieder des RCDS Dresden Charlotte Stephani und Peter Flaske. Beide studieren an der TU Dresden und haben das Bikesharing-Angebot bisher über ihr Semesterticket genutzt.

Charlotte Stephani

Charlotte Stephani:

"Für mich ist es ein ziemlicher Schlag, dass das Angebot von MOBIbike wegfällt. Ich habe es gern genutzt und finde, dass es ein zentraler Bestandteil von umweltfreundlicher studentischer Mobilität ist."

Peter Flaske

Peter Flaske:

"Aber denkst du wirklich, dass wir hier in Dresden nur durch die Fahrräder überhaupt einen messbaren Beitrag für ein gesundes Klima leisten können? Das bezweifle ich sehr stark. Für mich als regelmäßigen Nutzer von MOBIbike war eher die große Flexibilität und die Bewegung an der frischen Luft ein guter Grund, die Fahrräder zu nutzen. Aber ich finde es fair, dass ab sofort nur noch diejenigen Studenten das Bikesharing bezahlen müssen, die es auch tatsächlich nutzen wollen. Warum sollte die gesamte Studentenschaft für etwas zahlen, was überhaupt nicht von Allen genutzt wird? Studenten mit eigenem Fahrrad oder Auto zahlen da doppelt, das ist nicht in Ordnung."

Charlotte Stephani

Charlotte Stephani:

"Sehe ich ein bisschen anders. Studentische Mobilität ist ja auch eine Aufgabe des Stura und ein Bikesharing-System gehört zu einem zeitgemäßen, emissionsarmen und leisen Stadtverkehr einfach dazu. Zu dem Kostenfaktor, den du angesprochen hast, würde ich dir auch widersprechen. 4 oder 5 Euro sind für ein ganzes Semester nicht viel Geld, aber der Nutzen für die Studenten wäre groß gewesen. Schade, dass sich der neue Vertrag im Plenum nicht durchsetzen konnte."

Peter Flaske

Peter Flaske:

"Ich finde, es gab gute Gründe, warum der Vertrag nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat. Würdest du für ein Angebot zahlen, was auf einen Schlag doppelt so teuer wird und nur halb so viel Leistung (Freiminuten wurden halbiert, Anm. d. Red.) beinhaltet? Nur wenn man zu einem schlechten Vertrag auch mal Nein sagen kann, setzt man seine eigene Marktmacht wirkungsvoll ein. Über 30.000 Studenten und damit über 30.000 potentielle Radfahrer sind auch für die DVB und für Nextbike ein relevanter Faktor, dessen Verlust schmerzhaft sein dürfte. Nehmen wir an, jeder dieser ungefähr 30.000 Personen ist Teil der verfassten Studentenschaft und entrichtet pro Semester 4 € an Mobi-Bike. 240.000 € pro Jahr sind wirklich keine kleine Summe. Gut, dass das Stura-Plenum hier klare Kante gezeigt hat und im Interesse der Studentenschaft entschieden hat."

Charlotte Stephani:

"Die Frage ist, was uns diese Marktmacht bringt, wenn wir gleichzeitig ein attraktives Angebot verlieren…"

Peter Flaske:

"…was wir aber auch privat erwerben könnten, wenn wir es haben wollen…"

Charlotte Stephani:

"…dann aber zu viel teureren Preisen, als aktuell. Und du darfst auch nicht vergessen, dass du anders als beim eigenen Fahrrad keine Reparaturkosten und Anschaffungskosten hast, wenn du das Bikesharing nutzt. Darüber hinaus sind die neuen gelben Fahrräder echt komfortabel und wahrscheinlich in einem besseren Zustand als die eigenen Fahrräder vieler Kommilitonen."

Peter Flaske:

"Ich gebe dir recht, dass man zu so einem geringen Preis vermutlich kein eigenes Fahrrad betreiben kann. Wahrscheinlich ist es so, dass bisherige MOBIbike-Nutzer zukünftig geringfügig draufzahlen werden. Aber für Alle, die das Angebot aus verschiedensten Gründen bisher nicht genutzt haben, ist die neue Regelung gerechter als die alte Regelung. Ich glaube ja, dass möglichst viele Dinge privat und individuell von den Studenten geregelt werden sollten, anstatt ihnen vonseiten des Stura „Angebote“ überzustülpen, die sie ggf. gar nicht haben möchten. Wirst du eigentlich zu Beginn des neuen Semesters dennoch mit MOBIbike unterwegs sein? Oder steigst du auf andere Verkehrsmittel um?"

Charlotte Stephani:

"Ich habe zum Glück noch ein eigenes Fahrrad, was ich dann verstärkt nutzen werde. Die gelben Leihfahrräder waren für mich eher dann sinnvoll, wenn ich innerhalb der Stadt flexibel sein wollte, ohne mein eigenes Fahrrad mitzunehmen. Beispielsweise, wenn gerade keine passende Straßenbahn gekommen ist. Wie wirst du das handhaben?"

Peter Flaske:

"Ich habe kein eigenes Fahrrad hier in Dresden, sondern war immer mit den Leihfahrrädern unterwegs. Wahrscheinlich werde ich die Räder auch weiterhin nutzen, wenn ich sie brauche. Ein Euro pro 15 Minuten ist immer noch ein akzeptabler Preis, mit dem man gut leben kann. Und ansonsten gibt´s ja auch noch die Bahnen und Busse."